Weltraumschrottbekämpfung durch Laser

Am Freitagabend fanden nach einem erfolgreichen zweiten Tag, gefüllt mit produktiven Sitzungen, verschiedene Vorträge statt. Im Elisabeth- und Albrecht-Goes-Saal hielt Prof. Dr. Thomas Dekorsy vom Institut für Technische Physik eine höchst interessante Präsentation über die Entstehung und die Gefahren von Weltraumschrott. Der heutige Weltraum ist mittlerweile von Millionen kleinster Teilchen geprägt, welche auf verschiedenen Orbits um die Erde kreisen. Die Ursachen setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen: defekte Satelliten, Fragmente von Kollisionen, Raketenstufen und weitere unbrauchbare missionsbegleitenden Objekte tragen alle zur Verschmutzung des Weltalls hinzu. Das war jedoch noch nicht immer so.
Da in dem Zeitabschnitt der sogenannten „New Space“ nicht nur Nationen wissenschaftliche Missionen entsendet, sondern auch etliche Privatakteure wie zum Beispiel Elon Musks SpaceX ein Satellitennetzwerk aufgebaut haben, vermehrt sich der Weltraumschrott exponentiell. Insgesamt wird geschätzt, dass es bis 2030 30.000-40.000 aktive Satelliten geben wird und Unmengen mehr an Weltraumschrott. Es gibt allerdings auch größere Quellen für diesen Abfall. Die Nationen China und Russland haben beide sogenannte Antisatellitentests durchgeführt, also ihre eigenen Satelliten abgeschossen, nur um zu beweisen, dass sie die Technik dafür besitzen. Chinas Test wurde in den sechziger Jahren durchgeführt, während Russlands Test im November 2021 vollzogen wurde. Bei beiden Aktionen entstanden mehrere tausende Schrottpartikel, welche teilweise bis heute unseren Planeten umkreisen. Teile von dem russischen Test haben sogar kurzzeitig Astronauten der ISS (International Space Station) gefährdet. Doch warum ist dieser Weltraumschrott so gefährlich?
Dies kann man gut von dem Effekt einer Pistolenkugel ableiten. Herr Prof. Dr. Dekorsy visualisierte diesen Effekt in seinem Vortrag, indem er einen Versuch zeigte, wo ein ein zentimetergroßes Teilchen auf einen 15 Zentimeter dicken Betonquader geschossen wurde. Damit diese Simulation akkurat blieb, wurde das Teilchen auf ca. 8 km/s (28800 km/h) beschleunigt. Selbst ein so dickes robustes Material konnte diesem Einschlag nicht mal annähernd standhalten. Diesen Kräften sind Navigations-, Wissenschafts- und Fernsehsatelliten rund um die Uhr ausgesetzt. Dies wurde vom Publikum mit einem Schlucken aufgenommen.
Um solche zerstörerischen Kollisionen von Weltraumschrott mit Satelliten zu verhindern, gibt es das Zentrum für Luft- und Raumfahrtechnik in Stuttgart sowie viele weitere Institute. Denn schon Weltraumschrott im Millimeterbereich können etliche Kollateralschäden verursachen. In Stuttgart werden hierfür verschiedene Arten von „Trackern“ entwickelt, um die Orbits von Weltraumschrott festzustellen und zu analysieren, um eventuelle Ausweichmanöver zu planen, damit es nicht zu Kollisionen kommt. Dafür gibt es einmal RADAR-Geräte, aber auch die optische Erkennung von Schrottteilchen wird in Stuttgart verfolgt. Über der Stadt werden pro Nacht bis zu 8.000 Objekte beobachtet, wobei ca. 30% der Objekte nicht registriert sind, und deswegen militärischer Nutzen oder auch noch nicht getrackter Weltraumschrott sein könnten.
Für das Tracking des Weltraumschrottes wird in Stuttgart die Methode „Satellite Laser Ranging“ benutzt. Bei dieser Technik wird ein Schwarm an Photonen, also Lichtteilchen, aus einem Laser in die Richtung des Schrottteilchens „geschossen“. Diese Teilchen reflektieren dann einen Bruchteil dieser Photonen, wodurch sie hier beim Zentrum für Luft- und Raumfahrtechnik wieder aufgefangen werden. Dadurch können sich die Wissenschaftler:innen ein genaues Bild der Laufbahn des Weltraummüllpartikels machen. Aber mit den Lasern kann nicht nur der Orbit von Weltraumschrott bestimmt werden, sondern man kann diesen sogar verändern, um somit Kollisionen zu vermeiden. Auch hierfür werden die Müllteilchen mit Photonen beschossen. Dabei verändert der Impuls die Bahn des Teilchens leicht. Durch wiederholtes „Abschießen“ kann dadurch die Laufbahn aktiv verändert werden.
Für eine geregelte „Kreislaufswirtschaft“, wie sie auch Prof. Dr. Dekorsy nannte, legten die Vereinten Nationen ein paar Regeln fest: Nach 25 Jahren sollen nicht-funktionierende Satelliten aus ihrem Orbit zurückgeholt werden. Außerdem dürfen im Weltraum keine Waffen platziert werden. Die erste Regel ist jedoch nicht bindend, was bedeutet, dass wenn eine Nation sich nicht daran hält, es keine Konsequenzen gibt.
In einem Zeitalter geprägt von Weltraumpräsenz verschiedenster Akteure betonte Prof. Dr. Dekorsy abschließend die Bedeutung von Absprache und Kommunikation zwischen Satellitenbesitzern und eine gemeinsame Kooperation der Nationen.
Die Fragerunde nach dem Vortrag war sehr ergiebig und auch nach offiziellem Ende standen noch mehrere Personen Schlange, um dem Professor weiterführende Fragen zu stellen. Dies und die große Teilnehmerzahl spiegelt wider, wie interessant und faszinierend dieser Vortrag über Weltraumschrott war.